2017 wird ein besonderes Jahr werden. Auf der ganzen Welt werden Menschen des Thesenanschlags Martin Luthers gedenken. Natürlich, es gibt Diskussionen, ob Luther diese Thesen nun an die Tür der Schlosskirche genagelt hat, oder ob sie schlicht vervielfältigt wurden, ob die Kirche eine Spaltung feiern kann, ob es das richtige Datum für ein Fest ist. Trotz aller solcher Überlegungen aber wird immer klarer: Oh ja, wir werden Reformation feiern. Und zwar nicht als Geschichte der Spaltung, sondern als gemeinsame Geschichte von Kirchen, als ökumenische Geschichte, als Geschichte unseres Landes und unserer Kultur, als internationales Ereignis, als Lerngeschichte.
Mir ist besonders wichtig, dass die Weltausstellung Reformation, die in und um Wittenberg von Mai bis September stattfinden wird, nicht von DER Reformation spricht. Reformation, das haben wir gelernt, war ein breiter Prozess, der mit verschiedenen Reformbewegungen schon im 15. Jahrhundert etwa bei Jan Hus oder gar bei John Wyclif begann. Und dieser Prozess umfasste viele: Philipp Melanchthon und Ulrich Zwingli, Katharina von Bora und Johannes Calvin, Argula von Grumbach und Martin Bucer, um nur einige zu nennen. Dennoch: Martin Luther bleibt die zentrale Symbolfigur. Es war seine besondere Gabe, die Dinge auf den Punkt zu bringen; seine enorme Sprachbegabung und manchmal gewiss auch seine Beharrlichkeit waren von entscheidender Bedeutung. Dabei muss niemand befürchten, es werde einen „Kult um Luther“ geben. Die Kirchen der Reformation wissen um seine Schattenseiten, insbesondere seinen Antijudaismus. Das wird nicht ausgeklammert werden.
Deutlich ist auch, dass 1517 EIN Datum ist. Reformatorische Aufbrüche gab es an verschiedenen Orten. Manche sagen, Luther war 1517 noch ganz Reformkatholik, Reformator wurde er erst 1520 bzw. 1521. Aber schon 1617 bekam die Veröffentlichung der Thesen eine besondere Bedeutung: das Symboldatum also. Ich freue mich besonders, dass die Schweizer Kirchen und auch die Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen sich auf dieses Datum einlassen und an Vorbereitung und Durchführung der Weltausstellung Reformation intensiv beteiligt sind.
Wittenberg 2017, das wird ein Ort des ökumenischen Dialogs sein. Es wird theologische Debatten geben. Wir können feiern, dass es eine ökumenische Bewegung gibt, in der wir gelernt haben, dass uns mehr verbindet als uns trennt. Und das gilt gerade auch angesichts der Säkularisierung. Auch die römisch-katholische Kirche hat ja Impulse der Reformation aufgenommen. Aber auch die weltweite Ökumene, die Herausforderungen der globalisierten Welt werden Thema sein. Und der Dialog der Religionen gehört selbstverständlich dazu. Die Lerngeschichte der Reformation weiß darum, dass die christlichen Kirchen heute im Dialog sein müssen, weil Abgrenzung und gegenseitige Herabsetzung nicht weiterführen.
Bei alledem soll nicht zu kurz kommen, wie sehr Reformation Kultur, Sprache und Bildung beeinflusst hat. So gibt es Planungen für Theateraufführungen, Musicals, ein Lutheroratorium. Das alte Wittenberger Gefängnis wird zu einem Ort werden, an dem „Luther und die Avantgarde“ Einzug halten.
Um Tore der Freiheit wird es gehen. Die Idee der Freiheit eines Christenmenschen ging von Wittenberg aus in die Welt. Nun wollen wir in Wittenberg zusammenbringen, was sich daraus entwickelt hat in unseren Kirchen und in der Gesellschaft, in Kultur und Politik.
Ein einmaliges Ereignis
500 Jahre sind einmalig. Nur wenige Gebäude werden so alt. Menschen, an deren Geburt vor 500 Jahren erinnert wird, sind tot. Doch reformatorisches Gedankengut hat über 500 Jahre die Welt mit geprägt.
Dass am 31. Oktober 1517 das Datum der Veröffentlichung der 95 Thesen von Martin Luther zur Buße und gegen den Ablasshandel gefeiert wird, ist historisch gewachsen. Martin Luther ist nicht allein die Reformation, reformatorische Bestrebungen gab es auch schon vor seinen Gedanken und Überlegungen und zur gleichen Zeit auch unabhängig von ihm.
500 Jahre seit dem sogenannten Thesenanschlag in Wittenberg im Jahr 1517 sind ein Grund zu feiern: in ökumenischer Verbundenheit mit allen christlichen Konfessionen, in gesellschaftlichem Bewusstsein, weil die Reformation nicht nur Kirche verändert hat, im Wissen um die Schattenseiten der Reformation und um die Schuld, die in den 500 Jahren Kirchen und Christinnen und Christen auf sich geladen haben – und in Dankbarkeit für Gottes Gegenwart und mit der Bitte um Gottes Segen.
Am besten feiert es sich gemeinsam
Deshalb haben die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT) gemeinsam Menschen aus Kirche und Gesellschaft berufen, um Veranstaltungen für den Reformationssommer 2017 zu planen: mit dem 36. Deutschen Evangelischen Kirchentag, der in Berlin stattgefunden hat, mit einer Einladung an möglichst viele Menschen, die sich nicht nur für die Geschichte der Reformation interessieren, sondern auch mit reformatorischen Grundüberzeugungen Kirche, Welt und Gesellschaft weiter verändern wollen.
Leitungskreis
In diesem Leitungskreis sind außer Vertreterinnen und Vertretern des Rates der EKD und des Präsidiums des DEKT auch die Landeskirchen Mitteldeutschlands, die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland, die Europäische protestantische Ökumene (Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa), der Lutherische Weltbund (LWB), die evangelischen Freikirchen in Deutschland und das Zentralkomitee der deutschen Katholiken vertreten. Den Vorsitz führt Professor Dr. Gerhard Robbers, ehemaliger Justizminister im Bundesland Rheinland-Pfalz. Dieser Leitungskreis verantwortete die Veranstaltungen inhaltlich.
Beteiligung vieler
Für alle Veranstaltungsformen hat der Leitungskreis Projektleitungen berufen, in denen wiederum kirchliche und gesellschaftliche Gruppen vertreten waren. Für die Orte, an denen zu „Kirchentagen auf dem Weg“ eingeladen wird, wurden Programmausschüsse berufen, die mit regionalen Vertreterinnen und Vertretern besetzt gewesen sind.
Der Verein Reformationsjubiläum 2017 e.V.
Für die organisatorische Umsetzung und Planung der kirchlichen Events zum Reformationsjubiläum 2017 haben der Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT) und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) den Verein Reformationsjubiläum 2017 e.V. gegründet. Der Verein wird von einem Vorstand geleitet, dem das Ratsmitglied Marlehn Thieme vorsitzt. Geführt wird die Geschäftsstelle Reformationsjubiläum 2017 e.V. von zwei Geschäftsführern: Hartwig Bodmann und Ulrich Schneider.

Prof. Dr. Dr. h.c. Margot Käßmann
Botschafterin des Rates der EKD für das Reformationsjubiläum

Prof. Dr. Gerhard Robbers
Vorsitzender des Leitungskreises Reformationsjubiläum 2017
Viele Themen fordern heraus, gemeinsam Antworten zu finden, letztendlich auf die Fragen, wie wir friedvoll, gerecht und die Existenz kommender Generationen im Blick miteinander leben. Christen suchen und finden die Antworten auf diese Fragen in ihrem Glauben. Das war zur Zeit so, als Martin Luther, Huldrych Zwingli, Johannes Calvin und viele, die mit ihnen gelebt und gedacht haben, die Theologie und damit die gesellschaftlichen Strukturen ihrer Zeit in Frage gestellt haben. Das ist in unserer Gegenwart so, wenn Christen sich miteinander ihren Herausforderungen stellen.
Der Sommer der Reformation 2017 erinnert nicht nur daran, wie Menschen vor 500 Jahren Kirche und Welt verändert haben, sondern bietet Gelegenheit, sich mit den wichtigen Themen unserer Gesellschaft auseinanderzusetzen, im Gespräch miteinander, im Gebet füreinander und beim gemeinsamen Feiern: auf verschiedenen Stationen in Europa ab dem November 2016, dem Deutschen Evangelischen Kirchentag in Berlin und Wittenberg und dem Kirchentag auf dem Weg in mitteldeutschen Städten sowie bei der Weltausstellung Reformation. Dazu bieten die Konfi- und JugendCamps während des Sommers besonders jungen Menschen die Möglichkeit, sich den Themen der Zukunft zu stellen. Gemeinsam feiern wir im großen Festgottesdienst vor den Toren Wittenbergs, dass aus den Erfahrungen reformatorischer Vergangenheit neue Zukunft entstehen kann.

Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm
Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland
Gott lieben und den Nächsten lieben wie sich selbst. Darum geht es für Christen. Was vor 2000 Jahren ganz klein begann, bewegt heute 2,3 Milliarden Menschen weltweit. Was für eine Botschaft!
Eine Botschaft, die es immer wieder aufs Neue versteht, die Herzen von Menschen anzurühren. Miteinander feiern wir im Sommer 2017, dass die Kraft des christlichen Glaubens die Welt verändern kann. Damals, vor 500 Jahren hat der Theologe und Mönch Martin Luther neu entdeckt, welche Kraft in der Liebe Gottes liegt. Er hat eine Debatte angestoßen und die Gesellschaft und Welt ebenso grundlegend verändert wie die Kirchen. Die Kraft des Glaubens hilft, „Berge zu versetzen“. Das ist durch Martin Luthers Bibelübersetzung zur sprichwörtlichen Redensart geworden.
Gemeinsam können wir Christinnen und Christen die Welt gestalten, die Gesellschaft verändern und uns für das Leben einsetzen. Was wir dabei in den 500 Jahren Reformationsgeschichte gelernt haben: Miteinander geht das besser als gegeneinander. Deswegen feiern wir das Reformationsjubiläum im ökumenischen Miteinander mit allen christlichen Kirchen und laden dazu auch gesellschaftliche Gruppen, Initiativen und Institutionen ein, für die 500 Jahre Reformation ein Ereignis von Weltrang ist – in Wittenberg, auf dem Europäischen Stationenweg und in allen Gemeinden weltweit. Lassen Sie uns das Reformationsjubiläum 2017 zu einem großen Christusfest machen, als Zeugnis unseres Glaubens und unserer Hoffnung auf eine bessere Welt!

Prof. Dr. Christina Aus der Au
Präsidentin des Kirchentages in Berlin und Wittenberg
Im Sommer 2017 findet in Berlin und Wittenberg der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag statt – eingebettet in eine Reihe weiterer Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum. Gemeinsam feiern wir – die Teilnehmenden des Kirchentags und viele andere Christen aus aller Welt – dabei auch einen Gottesdienst vor den Toren Wittenbergs mit Blick auf die Schlosskirche und die Stadtkirche der Stadt, in der Martin Luther lange Jahre gelebt und gepredigt hat.
Aber es wären die Reformation und die 500 Jahre seither missverstanden, wenn wir dabei nicht miteinander und mit vielen anderen darüber nachdächten, wie wir hier und heute aus diesem Erbe heraus leben und glauben und dabei in der Welt Zeichen setzen. Auf dem alle zwei Jahre stattfindenden Deutschen Evangelischen Kirchentag besteht dafür seit mehr als 60 Jahren von Vielen genutzter Raum.
Der Sommer der Reformation bietet darüber hinaus mit der Weltausstellung Reformation in Wittenberg, dem Kirchentag auf dem Weg in den Städten Mitteldeutschlands und bei vielen weiteren Veranstaltungen dafür immer wieder Gelegenheit: Gemeinsam die Frage stellen, wie Protestantinnen und Protestanten aus ihrem Glauben heraus Gegenwart und Zukunft mitgestalten können – und was es heißt, sich dafür auf die Wurzeln zu besinnen, von denen sie herkommen.